Zu Besuch im Nirgendwo – Der Besucher

Zu Besuch im Nirgendwo – Der Besucher

Als Roman Briggs an der Außenwand seines Raumschiffes hantiert, explodiert plötzlich alles. Er und sein Kollege treiben schutzlos durch das All. Ihre Raumanzüge bieten nicht unendlich Sauerstoff, sie haben weder Wasser noch Proviant dabei und wissen nicht, was sie tun sollen. Das einzige, was ihnen übrig bleibt, ist zu warten und Funksignale zu senden. Also schlafen Quinn und Roman abwechselnd, doch Quinn bringt sich sofort um, als Roman eingeschlafen ist. Jetzt ist Roman allein mit einer Leiche und wird von einem Raumschiff gerettet, das der Rasse der Manti gehört. Die Manti jedoch können ihn nicht ins Innere aufnehmen und lassen ihren Besucher an der Außenfläche.

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Notizen für diese Rezension durchgesehen: Ich habe beim Lesen mehrere angefertigt
  2. Frischen Kaffee getrunken
  3. Die Heizung angemacht

Mein Eindruck zu Der Besucher:

Der Besucher von Tyler R. Parsons ist ein unterhaltsames Buch, dessen Cover erschreckend gut zum Inhalt passt. Es ist mir zuerst gar nicht aufgefallen, “irgendwas mit Science Fiction” dachte ich, “kaufe ich mal, habe Lust drauf”. Natürlich hat mir der Klappentext auch zugesagt, und was ich bekommen habe, war in etwa das, was ich erwartet habe: Ein unterhaltsames Buch mit einer netten Geschichte. Science Fiction oder Science Fantasy, hier können wir uns streiten, die Handlung ist weitestgehend vorausschaubar und das Finale kläglich, doch es hat mir großen Spaß bereitet, dieses Buch zu lesen.

Stärken des Buchs:

Wenn ein alter Mann durchs All treibt und von einer Spezies aufgenommen wird, die nur über ein Übersetzungsprogramm mit ihm kommunizieren kann, ist es doch klar, dass man sich einander merkwürdig vorkommt. Das ist dem Autor auch gut gelungen: Die Manti scheinen die Gepflogenheiten menschlicher Kommunikation weder zu kennen noch anwenden zu können, sie sprechen kalt und sachlich. Sie verstehen keine Ängste und sagen Roman, was er zu tun hat. Wenn das Sterberisiko gering genug erscheint, ist das einfach so. Roman hingegen wirkt menschlich und ängstlich, nachdenklich und behutsam: Er will leben. Den Manti ist es nicht so wichtig, dass Roman überlebt. Sie tun alles, was in ihrer Macht steht, ihm zu helfen, aber so richtig Priorität hat es nicht. Das halte ich für ein realistisches Konstrukt einer Geschichte, und irgendwie sind mir die Manti sehr sympathisch.

Im Verlauf der Geschichte bekommt es Roman mit der Langeweile zu tun. Er hat weder etwas zu tun noch einen Gesprächspartner, also wandert er über die Außenhülle des Raumschiffes, denkt sich Spiele aus und beginnt irgendwann, die Manti zu beobachten. Er lernt, wie diese fremde Spezies miteinander kommuniziert, wie sie zu arbeiten zu scheinen, was Musikinstrumente bei den Manti sind und wie ihre Sprache funktioniert. Nach einiger Zeit in der Einsamkeit bekommt Roman einen Gesprächspartner, lernt ein kompliziertes Brettspiel und kann sich endlich mit jemandem unterhalten. Fragen zur Kultur, der Spezies und deren Rechtssystem kommen auf und werden adäquat beantwortet. Bis dann irgendwann die Handlung Fahrt aufnimmt, weil Roman etwas beobachtet, das er nicht hätte sehen dürfen. Alles in allem sehr stark, sehr schön, sehr angenehm.

Sehr gut gefallen hat mir die nachvollziehbare Entwicklung der Langeweile. Denn während Roman mit Quinns Leiche an der Seite auf Rettung oder den eigenen Tod hofft, hat er nichts zu tun und schwebt im Nichts. Seine gedanklichen Aufzeichnungen dazu sind alles andere als langweilig.

Schwächen des Buchs:

Schwach finde ich, dass die Handlung wirklich vorausschaubar ist. An der Stelle, an der ich soeben geschrieben habe, dass Roman etwas beobachtet, was er nicht sehen darf, wusste ich das als Leserin. Der Protagonist ist aber deutlich langsamer im Denken und hält das schwarze Blut der Manti für Öl und Gewaltakte für ein Ritual. Auch als sich herausstellt, was da eigentlich los ist und wer der Antagonist der Geschichte ist, habe ich all das schon geahnt, und sein wir mal ehrlich: Das Finale, über das ich aus Spoilergründen nichts verraten möchte, ist meiner Meinung nach wirklich lahm. Anders hätte ich das Buch nicht selbst lösen können und es gibt bestimmt viele Leute, sicher sogar die Mehrheit der Science-Fiction-Leser*innen, die das feiern, aber für mich war es nichts.

Schwach fand ich auch, dass Quinn irgendwann verschwindet. Erst schleppt der Protagonist Quinns Leiche mit sich rum und wird fast wahnsinnig, dann, von den Manti aufgenommen, schickt er den toten Körper einfach in die Unendlichkeit? Wieso macht das nichts mit ihm, warum verschwendet er keinen Gedanken an ihn? Welche Bedeutung hatte Quinn?

Mein Fazit zu Der Besucher:

Der Besucher von Tyler R. Parsons ist ein gutes Buch. Mit nur 192 Seiten eine eher kurze Geschichte, und insgesamt auch etwas mehr Science Fantasy als Science Fiction, überwiegend beobachtende Bestandaufnahme mit Extras als dramatische Geschichte. Unterm Strich aber definitiv interessant und lesenswert.

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Der Besucher

Tyler R. Parsons

Science Fantasy Science Fiction
Softcover, 208 Seiten

erschienen bei Piper

02. Mai 2019

ISBN 978-3-3492705349

 

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