Weltraum-Management – Wir sind Götter [Rezension]

Weltraum-Management – Wir sind Götter [Rezension]

Band 2, Wir sind Götter vom Bobiverse startet, wie Ich bin viele beendet wurde. Jedes Wort, das du in dieser Rezension liest, könnte ein Spoiler sein.

Fangen wir also an!

In “Wir sind Götter” geht es um all die Planeten und Systeme, die die Bobs inzwischen gefunden haben. Die Deltaner haben sich weiterentwickelt und Archimedes wird allmählich erwachsen. Bob leidet unter seiner Verbannung und lebt nun als stiller Gott, obwohl er weiß, dass er sich langsam mal aus diesem System verziehen und das Weltall weiter erkunden sollte. Bill ist der Knotenpunkt von allem, entwickelt Baupläne und ist Ansprechpartner für jeden. Und diesen Ansprechpartner brauchen die Replikanten auch!

Eine Spezies, die in Wir sind Götter als “die Anderen” bezeichnet wird, fliegt mit Todesasteoriden und einer kompletten Armada durch die Systeme und löscht sämtliches Leben aus. Der fast erste Krieg im Weltraum bahnt sich an und setzt die Bobs unter massiven Stress an den Druckern und autonomen Fabriken.

Dazu gibt es noch die Menschen, die zwar inzwischen ziemlich handzahm und sich einig sind, aber wegen der Anderen als gefährdete Spezies gelten. Wenn da nicht die Idioten von VEHEMENT wären! Die Gruppe glaubt, es sei das Beste für das Universum, wenn die Menschheit aussterben würde. Also torpedieren sie Farmen, wollen die Menschheit aushungern und gehen schließlich auf die Bobs los. Dabei haben die doch alle Hände voll zu tun, die Paven, Deltaner und die Rohstoffe des Weltalls zu retten!

Die ersten drei Dinge, die ich nach dem Lesen getan habe:

  1. Bilder von Meerkatzen gegoogelt
  2. Den Klappentext gelesen
  3. Mir Gedanken über Band 2 von Trilogien gemacht

Mein Eindruck zu Wir sind Götter:

Wir sind Götter* ist ein gelungener zweiter Band zum Bobiverse. Als Nachfolger von “Ich bin viele” steht er diesem in nichts nach. Ich fühle mich nach dem Lesen absolut zufrieden mit dem Werk, das ich in den Händen halte. Na ja, vielleicht nicht ganz zufrieden: Ich will wissen, wie es weitergeht, und das kann ich erst in Band 3 des Bobiverse erfahren, der am 10. Juni 2019 erscheinen soll. Aber hey: Noch weniger als 6 Monate! Ich kann’s kaum erwarten.

Stärken des Buchs:

Ich hab ein Heyne-Buch ohne das-dass-Fehler gelesen! Das muss gleich zu allererst honoriert werden! Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass das Korrektorat deutlich sorgfältiger als im ersten Band gemacht wurde. Vielleicht war der Korrektor ja eingefleischter Fan nach dem ersten Band?

Gefallen hat mir auch der Humor. Die Bobs halten beispielsweise Vollversammlungen in der VR ab, um wichtige Entscheidungen bezüglich des Krieges zu treffen. Immer, wenn der leitende Bob mit einem lauten Geräusch das allgemeine Gelaber der Grüppchen unterbricht, um mit der Versammlung zu beginnen, erntet er Buh-Rufe. Das und viele andere Eigenheiten finde ich sehr sympathisch.

Ein paar Beispiele out of Kontext, die mich zum Lächeln brachten:

“Wenn ihr jetzt anfangt, Hilbert-und-Sullivan-Lieder zu singen, verschwinde ich!”, Seite 273

“Das Hupen des Drucklufthorns sorgte für die üblichen Beifallsbekundungen”, Seite 367 (Das ist das Synonym für Buh-Rufe geworden 😀 )

“Na ja, genau dafür hat Gott die Back-ups erfunden”, Seite 349

Zu den Stärken kommt, dass ich bezüglich der Deltaner voll auf meine Kosten gekommen bin. Während ich gegen Ende von “Ich bin viele” total heiß auf die Erlebnisse in Delta Eridani war und mich alle paar Kapitel gefreut habe, wenn endlich wieder Bob und seine Klientenrasse beschrieben werden, gab es für meine Bedürfnisse häufig genug Einblicke in die Fortschritte bei den Deltanern.

Science-Liebe

Auch die Science-Elemente, die Dennis E. Taylor in Wir sind Götter einbindet, erscheinen mir glaubwürdig und realistisch. Klar, ich bin keine Astrophysikerin oder Informatikerin und habe vielleicht keine Ahnung, wie realistisch Internetverbindungen sind, die schneller als Lichtgeschwindigkeit sind, aber in einer Welt mehrere hundert Jahre nachdem die Menschheit auf dem Planeten Erde gelebt hat und wo mehrere hochintelligente, unendlich lebende und miteinander vernetzte künstliche Intelligenzen mit menschlichem Bewusstsein neues Zeug entwickeln… passt für mich!

Absolut genial war auch die Menschlichkeit zwischen den Bobs. Das kann man gar nicht anders sagen. Sie lieben sich wie Brüder, haben eigene Persönlichkeiten und sind reflektiert. Sie setzen sich gedanklich mit schwierigen Themen auseinander, beispielsweise damit, ob sie nach einem Back-up noch die gleichen sind. Stirbt ein Bob, ist er nicht 1:1 mit dem Back-up wiederherzustellen. Aber irgendwie doch. Sein Bewusstsein wird zwar in Wir sind Götter weiterhin unter demselben Namen weitergeführt, aber im Prinzip ist ein Back-up wie eine Replikation, und somit sind die Bobs doch sterblich. Das würde mich in den Wahnsinn treiben. Sanfter Spoiler: Nicht nur mich.

Eigentlich überflute ich die Rezensionen besonders starker Bücher immer mit Stärken. Aber ich schätze, an dieser Stelle lasse ich es gut sein mit den Stärken und lasse mein Schweigen für sich sprechen. Wir sind Götter ist ein derartiger Pageturner, dass ich keine Worte finde für einzelne Stärken, weil alles absolut stark war. Bis auf die Schwächen, auf die ich im Folgenden eingehen will. Aber Achtung: Jammern auf hohem Niveau.

Schwächen des Buchs:

Die einzige Schwäche, die mir aufgefallen ist, ist, dass das Buch ziemlich lang ist und viele Informationen enthält. Ich konnte mir beim, zugebenermaßen exzessiven, Lesen nicht immer merken, in welcher Perspektive wir stecken. Die Protagonisten sind nicht mehr nur Bill, Bob, Riker, Homer und Howard sowie zwei, drei andere, sondern locker zehn bis dreizehn Bobs. Im Bobiverse gibt es außerdem inzwischen laut Klappentext mehrere tausend Bobs, was ich der Geschichte nicht entnehmen konnte. Es fühlt sich eher an, als gäbe es hundert Replikanten, aber auch das ist sehr viel. Natürlich soll die Geschichte so sein, aber es war nicht leicht für mich, mir zu merken, in welchem Sternensystem und in welcher Ego-Perspektive wessen Bobs ich mich gerade befinde.

Das führt dazu, dass ich die Geschichte von Wir sind Götter nicht einwandfrei nacherzählen kann. Ich habe alles erlebt und geliebt, aber es gibt so viele Baustellen und so viele eigene Geschichten, die natürlich über die VR miteinander verknüpft werden.

Jahreszahlen verwirren

Auch missen möchte ich die Vielfalt aus Wir sind Götter nicht. Es ist nur etwas schwierig, mehr nicht. Vor allem, weil die Kapitel Jahreszahlen nach irdischer Zeitrechnung beinhalten und definitiv nicht chronologisch sind, sondern manchmal sogar 30 Jahre Abstand haben, ohne dass man das beim Lesen bemerkt.

Theoretisch hätte der Autor verschiedene Schreibstile und Stimmen anbringen können, um die verschiedenen Protagonisten mehr voneinander zu unterscheiden. Aber was willst du machen, wenn sie so eng miteinander verwandt sind? Wir reden hier ja nicht einmal von eineiigen Zwillingen, sondern von Klonen!

Das Buchcover von Wir sind Götter von Dennis E. Taylor. Im Hintergrund Band 1, Ich bin viele von Dennis E. Taylor - Foto: Kia Kahawa
Wir sind Götter von Dennis E. Taylor – Foto: Kia Kahawa

Offene Fragen zum Ende:

Zum Schluss dieser Rezension möchte ich auf die offenen Fragen eingehen, die ich nach “Ich bin viele” hatte. Da ich nicht spoilern möchte, sage ich nur, ob sie beantwortet wurden oder nicht, und stelle neue Fragen für das große Finale der Trilogie im Juni.

Was mit den Ameisen ist, wurde geklärt. Wie es mit den Deltanern weitergeht, weiß ich jetzt auch.

Ob die Menschen dumm genug sind, sich selbst umzubringen, ist noch nicht abschließend geklärt, aber die Sache mit VEHEMENT ging leider nicht in die Richtung, die ich wollte. Sie haben sich nicht selbst umgebracht, sondern weiter daran gearbeitet, dass sie die gesamte Menschheit mit ins Jenseits nehmen.

Ob sich irgendwo noch ein Medeiros verkrochen hat und den anstehenden Krieg zwischen den Bobs und den Anderen sabotiert, bleibt abzuwarten.

Die Sache mit dem Australier wurde geklärt, ebenso wie der offene Plot der Neuseeländer. Alles bis auf die von mir gewünschte Guppy-Zeichnung wurde geklärt. Meine offenen Fragen aus Band 1 wurden vollständig beantwortet.

Nun möchte ich aber weitere Fragen für “All diese Welten” stellen:

Wie geht es mit den Paven weiter?

Ist das Leben einer Spezies (Die Anderen) weniger wert als das von anderen? Können die Bobs eine Spezies ausrotten? Wollen sie das überhaupt?

Werden menschliche Replikanten heutzutage (~ 2215 ) psychotisch? Wie sieht das Training aus?

Wissen die Anderen von den Paven? Werden sie es herausfinden? Und wenn ja, was dann?

Welche Idee treibt Bill um?

Kann ein Mensch mit einem Replikanten eine Liebesgeschichte beginnen?

Mein Fazit:

Wer “Ich bin viele” geliebt hat, wird “Wir sind Götter* vergöttern. Ha ha, Wortwitz!

Ein absolut lesenswertes Buch, das nicht nur wegen des großen und manchmal langatmigen Umfangs sowie meiner fehlenden Merkfähigkeit von Jahreszahlen, Sternsystemen und Protagonistennamen keine fünf Sterne bekommt. Sondern auch, weil ich von Band 3 namens “All diese Welten” im Juni definitiv fünf Sterne erwarte und Dennis E. Taylor sowie dem Heyne-Verlag die Chance geben möchte, mich noch einmal aus den Socken zu hauen.



Wir sind Götter

Dennis E. Taylor

Science Fiction
Softcover, 448 Seiten

erschienen bei Heyne

10. Dezember 2018

ISBN 978-3-453319219
14,99 € bei Amazon*

 

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